Hochsensible Personen (HSP) verfügen über eine besonders ausgeprägte Beobachtungs- und Wahrnehmungsgabe. Dies kann jedoch dazu führen, dass sich HSP oft von Reizen überflutet fühlen, da sie diese intensiver wahrnehmen. Dieses Übermaß an Stimulation kann einen Leidensdruck erzeugen. Durch ihre besondere Empfänglichkeit für externe Reize verfügen hochsensible Menschen über ausgeprägte Fähigkeiten im zwischenmenschlichen Bereich. Sie besitzen ein hohes Maß an Empathie und reagieren stark auf nonverbale Kommunikation. Kulturübergreifend wird der Bevölkerungsanteil an hochsensiblen Personen auf 15-20% geschätzt. Trotz dieser Stärken auf psychosozialer Ebene, empfinden HSP diese Fähigkeiten häufig als vermeintlichen Nachteil, da sie sich aufgrund der Komplexität ihrer Gedanken- und Gefühlswelt oft unverstanden fühlen. Dieses Gefühl der Unverstandenheit und Ablehnung kann im Extremfall zu Abgrenzung führen. Besonders durch die Anforderungen unserer Leistungsgesellschaft fühlen sich hochsensible Menschen oft überfordert. Das ansteigende Interesse in der Wissenschaft und den Medien fördert jedoch die Aufklärung und Akzeptanz von Hochsensibilität in der Öffentlichkeit und sorgt für einen fachgerechten Umgang mit hochsensiblen Personen.
Stand der Forschung
Wissenschaftlich beschäftigten sich bereits Psychoanalist C.G. Jung und der Begründer des Behaviorismus I. Pawlow mit diesem Konstrukt. Jung nahm eine Unterteilung von Persönlichkeit in die Dimensionen Introversion und Extraversion vor. Pawlow beschäftigte sich dagegen eher mit der Messung von Empfindlichkeiten. Maßgeblich für die Etablierung von Hochsensibilität war jedoch die Veröffentlichung des Buches von Elaine Aron, in welchen sie sich intensiv mit dem diesem Persönlichkeitsmerkmal auseinander setzt.
Biologische Grundlagen der Hochsensibilität
Es gibt keine einheitliche Theorie zur Ursache von Hochsensibilität. Es ist anzunehmen, dass neuronale Areale, die Erregungspotentiale mindern, schwächer ausgeprägt sind. Die Großhirnrinde wird dadurch signifikant stärker stimuliert. Darüber hinaus ist anzunehmen, dass Reize vom Thalamus als wichtig eingestuft werden und so eher die Schwelle des Bewusstseins überwinden. Insgesamt liegt eine intensivere zentralnervöse Verarbeitung von Reizen vor.
Korrelate und Abgrenzungen der Hochsensibilität
Hochbegabung und Hochsensibilität gehen oft miteinander einher. Eine eindeutige Zusammenhänge konnte jedoch bisher nicht bestätigt werden. Hochsensibilität ist des Weiteren klar von Konstrukten wie Introversion, Gehemmtheit und negativer Emotionalität abzugrenzen. Hinzuzufügen ist, dass es sich bei Hochsensibilität nicht um eine psychische Erkrankung handelt, sondern um eine Disposition, die auf die genetische Veranlagung zurückzuführen ist. Früher wurde Hochsensibilität fälschlicher Weise mit Depressivität und Hysterie gleichgestellt wurde.
Umgang mit Hochsensibilität
Allein die Auseinandersetzung mit dem Konzept der Hochsensibilität wirkt auch viele HSP bereits entlastend. Sie fühlen sich verstanden und beginnen zu erkennen, was in ihrem Inneren vor sich geht. Durch häufige Reizüberflutung ist es für hochsensible Menschen wichtig zu lernen, Pausen in den Alltag hinein zu bringen und sich nicht zu viele Lasten aufzubürden. Außerdem ist es wichtig zu lernen nicht zu viele und zu hohe Ansprüche an sich selbst zu stellen und sich frühzeitig von gewissen Situationen abzugrenzen. Ein zentraler Punkt für Hochsensible stellt die Selbstakzeptanz dar. Viele Personen mit Hochsensibilität haben das Gefühl, den Anforderungen ihrer Umwelt nicht gerecht zu werden. Wichtig hierbei ist, die individuelle Persönlichkeitsstruktur nicht als Schwäche anzusehen, sondern positiv zu betrachten. Das Konstrukt der Hochsensibilität birgt viele Stärken, die sich für Sie in der Vergangenheit bewährt haben. Zum einen das starke Empathievermögen, aber auch zuverlässige und gewissenhafte Arbeitsweisen sowie analytische Denkweisen. Durch die Fokussierung auf die Entfaltung des Selbst gehen Hochsensible nicht nur weniger streng mit sich selber um, sondern auch mit ihrer Umwelt.